k

Keep It Simple

Bitte, bitte: lasst uns erst wieder »Keep it simple« sagen, wenn wir’s tatsächlich ernst meinen.

Wer sich im Web-Business tummelt, bekommt gerne mal ein »Keep it simple stupid!« zu hören. Die zugrundeliegende Idee ist in der Tat beherzigenswert und beinahe universell wahr und der pointierte Ausspruch mithin ganz zu Recht ein Evergreen.

Eigentlich.

Illustration: Keep It Simple (Buchstabe K im »ABC für Webmenschen«»)

In Wahrheit aber könnten die Websites, die wir heutzutage so ins Netz stemmen, und auch die Art und Weise, wie wir sie bauen, oft genug gar nicht weiter von simple entfernt sein.

Unsere Entwicklungsumgebungen und Arbeitsabläufe sind mittlerweile dermaßen aufgebläht und überkomplex, dass oft genug mehr Arbeit in ihre Einrichtung und Pflege fließt als in das eigentliche Vorhaben. Eine Begründung lässt sich natürlich immer für alles finden. Im Zweifelsfall muss es genügen, dass »man das im Jahr 201* eben nun mal so macht«. Alles andere sei nicht effizient (eine Begründung, die ich bei sehr vielen Web-Projekten anzweifle).

Was mittlerweile als notwendiges Rüstzeug auch für einfachste Web-Projekte betrachtet wird, steht in vielen Fällen in keinem Verhältnis mehr zum Problem, das dadurch gelöst werden soll (falls denn überhaupt ein Problem bestand). Überdies widerspricht die Herangehensweise nicht selten auch ganz und gar der Idee der Nachhaltigkeit.

Hinzu kommen überbordende Workflows. Agile, Kanban und was weiß ich nicht. Nervende Dauer-Chats und allerlei Tools (meistens mit Registrierung). Und auch Git reicht nicht mehr – es muss nun »Git Flow« sein. Oder gibt’s schon was noch Neueres …?

Viel schlimmer steht es um den KISS-Gedanken allerdings, wenn wir uns die Erzeugnisse unserer Arbeit anschauen. Keine Seltenheit, dass Websites heute mehrere Megabyte pro Seite schwer sind. Sie sind überfrachtet mit zig nicht-wichtigen Features, mit Trackern, mit proprietären Elementen (Metadaten), mit Spielereien und Lametta. Das Design fasert auf in zig Textstile und Elemente, bis gar keine gestalterische Idee mehr zu erkennen ist (von guter Benutzbarkeit ganz zu schweigen).

Kann man alles machen, und nicht alles davon ist doof oder Teufelszeug. Nur bitte, bitte: lasst uns erst wieder »Keep it simple« sagen, wenn wir’s tatsächlich ernst meinen.

von Andreas Dölling