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Raster

Das Hantieren mit hochgezüchteten Rastern ist eine Pseudowissenschaft, die dazu beiträgt, die Begriffe von Korrektheit und Qualität zu verwischen.

Das Raster wird im Webdesign hoffnungslos überbewertet. Bei kaum etwas anderem in unserem Metier klaffen behauptete und substantielle Notwendigkeit weiter auseinander.

Klar, es spricht viel dafür, sich ein Grundgerüst für die Strukturierung einer Website zu schaffen und nicht jede einzelne Seite komplett anders aufzubauen, aber: letzteres wäre immerhin möglich und in bestimmten Fällen sogar eine interessante und legitime Lösung.

Es gibt im Web keine tragenden Wände, keine maximalen Spannweiten, keine normierten Bauteile und DIN-Vorschriften für Abstände, wie sie der Architekt seiner Arbeit zugrundelegen muss.

Illustration: Raster (Buchstabe R im »ABC für Webmenschen«»)

Es gibt keinen stichhaltigen Grund dafür, warum alle Seiten einer Website nun ausgerechnet in 12 Spalten gleicher Breite unterteilt sein sollten – warum nicht 8 oder 16 oder 27? Und warum überhaupt diese gedachten Unterteilungen in gleichen Abständen?

Ganz und gar unsinnig ist es aber, sich im Webdesign ein »Feinraster« oder »Micro Grid« aufzuerlegen, in dem alle Maße und Abstände immer ein Vielfaches von 16 oder 25 oder irgendeines anderen ganz willkürlich gewählten Wertes sein sollen, denn das ist eben genau das: reine Willkür, Zahlenesoterik ohne jede handfeste Grundlage (anders als in der Architektur).

Das Hantieren mit hochgezüchteten Rastern ist eine Pseudowissenschaft, die – wie so manches andere – dazu beiträgt, die Begriffe von Korrektheit und Qualität zu verwischen.

Es kommt der Verdacht auf, dass man sich in unserer Branche mit solchem Zinnober über den Mangel an Bedeutung hinweghelfen möchte, den mancheiner vielleicht empfindet (weil ja letztlich jeder Schüler eine Website bauen kann). Ja: dass man sich einfach ein wenig aufblasen möchte.

Nicht so dolle ist, wenn der Kunde das bezahlen muss.

von Andreas Dölling